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Atome      Redoxreaktionen

Chemische Zeichensprache

Atome

Ionen

Periodensystem der Elemente

Chemische Bindung

Chemische Reaktionen

Chemische Gleichgewichte

Säuren und Basen

Redoxreaktionen

Komplexe

Komplexe

Von lat.: complexus = Umarmung abgeleiteter Name für Verb. höherer Ordnung, die durch Zusammenschluß von Molekülen entstehen – im Gegensatz zu den Verbindungen 1. Ordnung, an deren Entstehung Atome beteiligt sind. Das Gebiet der Komplex-Chemie wurde eröffnet durch die systemat. Unters. von Alfred Werner, der bereits 1893 den Koordinationscharakter der Bindungen in Komplexen erkannte. Man bezeichnet jedoch heute mit „Komplexen.“ nicht nur die anorg. u. metallorg. Koordinationsverb., sondern auch (im allg. separat behandelte) org. Mol.-Verb., die häufig die Namen ihrer Entdecker tragen, eine phänomenolog. Beschreibung darstellen od. nach der Art der beteiligten Partner bzw. der Bindungen benannt werden.

Verwendung:

  • Wasch- u. Reinigungsmitteln
  • Lebensmittel-Schutz
  • Arzneimittel-Ind.
  • Korrosionsschutz
  • chem. Analyse
  • Arbeitsschutz
  • Umweltschutz

Im übertragenen Sinne spricht man auch in der Immunchemie von K., z.B. bei der Komplementbindungsreaktion od. der Antigen-Antikörper-Reaktion (Immunkomplexe). Adjektivisch verwendet man „komplex“ in Wortprägungen wie komplexe Phosphate, komplexe Hydride, komplexe Halogenide, komplexe Reaktionen (Stufenreaktionen).

Koordinationslehre/ Komplexbindungen

(von lat.: coordinare=zuordnen). Die 1893 von Alfred Werner begründete u. von Pfeiffer, Weinland, Bailar, Hein, Pauling, E. O. Fischer u.a. weiterentwickelte K. beschäftigt sich mit solchen chemischen Verbindungen höherer Ordnung, die man bisher im Dtsch. zweckmäßigerweise als Koordinationsverb. bezeichnete. Häufiger wird inzwischen die Bez. Komplex(verb.) verwendet, obwohl unter einem Komplex eine Vielzahl verschiedener Verb. höherer Ordnung verstanden werden können. Dennoch sollen im folgenden die Bez. Komplex u. Koordinationsverb. (Abk.: KV) als Synonyma verstanden werden.

Charakterist. für die KV ist, daß um ein od. mehrere Zentralatome (hier ist sinngemäß stets zu ergänzen: Zentral-Ionen) ein od. mehrere neutrale Mol. u./od. Ionen (sog. Liganden) gruppiert sind, u. zwar in der sog. ersten (inneren) Koordinationssphäre. Das Zentralatom ist dann koordinativ gesätt., wenn die tatsächliche Koordinationszahl gleich der maximalen ist. Unter Koordinationszahl (KZ) versteht man die Anzahl der Liganden, die sich in räumlich regelmäßiger Anordnung um das Zentralatom gruppieren, im allg. eine ganze Zahl zwischen 1 u. 12; am häufigsten tritt die KZ 6 mit (nahezu) oktaedr. Anordnung der Liganden auf. Zwischen KZ u. Wertigkeit des Zentralatoms besteht kein Zusammenhang; Eisen hat z.B. sowohl im gelben [Fe(II)] als auch im roten Blutlaugensalz [(III)] die KZ 6.

Komplexbildner

Bez. für Verb., die zur Bldg. von Komplexen befähigt sind, d.h. bes. zur Komplexierung u. Maskierung von Metallen. Die Bez. wird häufig synonym für Chelatbildner gebraucht.

Maskierung

In der Chemie versteht man unter dem geschickt gewählten Begriff „M.“ das „Unkenntlichmachen“ einer Substanz durch eine dazu geeignete zweite Substanz; in der Geochemie begegnet einem häufig eine M. bestimmter Elemente (Zr, Ti, V, Hf, Seltenerdmetalle) durch andere Elemente aufgrund der ähnlichen Atomradien. Gelegentlich spricht man statt von M. von Sequestrierung (von engl.: sequester = entfernen, beschlagnahmen), doch ist dieser Ausdruck im Dtsch. wenig gebräuchlich. Als Maskierungsmittel bezeichnet man Substanzen, die jeweils die Reaktion von einer od. mehreren Fremdsubstanzen bei einer analyt. Best. verhindern, indem sie sie in lösl. Komplexe, andere Oxidationsstufen od. in reaktionsunfähige Formen überführen, z.B. in Chelate. M.-Mittel werden u.a. in der Fleckentfernung, in Korrosionsschutz, Wasseraufbereitung, Extraktionstechnik, Entgiftung, Komplexometrie, Abwasser-Behandlung der Galvanotechnik u. als Builder in Waschmitteln eingesetzt. In der Hauptsache verwendet man als M.-Mittel EDTA, Nitrilotriessigsäure, Phosphate, Polyhydroxycarbonsäuren, Citrate, Dimercaprol, Ammoniumfluorid u. Triethanolamin. Als bes. nützliche, vielfach auch selektive M.-Mittel haben sich Kronenether, Kryptanden u.ä. makrocyclische Verbindungen erwiesen.

Liganden

(von lat.: ligare = binden). Bez. für elektr. neutrale Mol. od. Ionen, die um ein Zentralatom gruppiert sind u. deren Anzahl in den Koordinationsverb. (Komplexe) von der Koordinationszahl des Zentralatoms bzw. -ions abhängt. Man unterscheidet ein- u. mehrzähnige (früher ...zählige) L., von denen letztere auch zur Chelat-Bldg. befähigt sind. Bes. interessante u. nützliche Vertreter der mehrzähnigen L. sind die cycl. u./od. kettenförmigen Coronanden (Kronenether), Kryptanden, Katapinanden u. Podanden; die abgeleiteten Komplexe nennt man entsprechend Coronate (Kronen-Verbindungen), Kryptate u. Podate. Derartige L. stellen oft selektive Ionophore dar. In homoleptischen Komplexen sind die L. um das Zentralatom herum von derselben Art, in heteroleptischen dagegen sind sie verschieden, weshalb letztere auch Gemischt- od. Verschieden-Ligand-Komplexe genannt werden. Die Eig. des Zentralatoms werden stark von der Art des L. beeinflußt. In der Biochemie versteht man unter L. (auch) kleine Mol., die an spezif. Stellen von Makromol. gebunden werden.

Ionophore

Von Pressman 1967 eingeführte u. aus Ionen u. ...phor zusammengesetzte Bez. für meist makrocycl. Verb. mit MG. im allg. <2000, die reversibel Chelate od. a. Komplexe mit Ionen bilden u. aufgrund ihrer relativ hydrophoben Oberfläche diese als Carrier durch sonst für Ionen undurchlässige biol. Membranen transportieren können. Natürlich vorkommende I. sind einige Makrolide u. Peptid-Antibiotika, Polyether-Antibiotika u. Siderochrome. Während die oben erwähnten Makrolid-Antibiotika Metall-Ionen in sich einschließen, bilden manche I. oligomere Kanäle aus, in denen die Ionen durch die Membranen geschleust werden – hier spricht man gelegentlich von Quasi-Ionophoren. Diese grenzen sich hauptsächlich durch ihr relativ geringes MG. von den aus Protein bestehenden Membran-durchspannenden Ionenkanälen ab. Aufgrund ihrer – durch Selektivitätskoeff. erfaßbaren – spezif. Eig. eignen sich synthetische I. als Komplexbildner für ionenselektive Elektroden – bei Verw. geeigneter chiraler I. können diese enantioselektiv wirken.

Zentralatom

Als solche fungieren meist Übergangsmetall-Kationen von hoher Ladung u. kleinen Ionenradien, doch können auch Nichtmetalle als solche auftreten. Als Liganden treten Anionen od. ungeladene Mol., seltener auch Kationen auf. Kann ein Ligand nur eine Koordinationsstelle des Zentralatoms besetzen, wie z.B. die vorstehend genannten Liganden, so ist er einzähnig od. unidental (früher sagte man auch: einzählig). Liganden, die 2 od. mehr Koordinationsstellen besetzen können, sind zwei- od. mehrzähnig (bi- od. multidental; engl.: uni-, bi-, multidentate). Enthält ein Komplex zwei od. mehr Zentralatome, so ist er zwei- od. mehrkernig (di- od. polynuclear). Die Zentralatome sind in diesem Fall über sog. Brückenliganden verbunden. Die Ladung eines Komplexes entspricht der Summe der Ladungen der ihn bildenden Einzel-Ionen. Solche geladenen Koordinationseinheiten (Komplex-Ionen) benötigen zum Ladungsausgleich Gegenionen, die in sog. zweiter Koordinationssphäre gebunden sind.

Bindungsverhältnisse: Man unterscheidet nach Biltz u. Klemm bei den Komplexen mit metall. Zentralatom zwischen

•  Anlagerungskomplexen (Normalkomplexe)

•  Durchdringungskomplexen.

Diese Einteilung ist allerdings sehr formal u. charakterisiert nur Grenzfälle. Die Anlagerungskomplexe sind Verb. mit starker Ion-Dipolbindung od. Ionen-Ionen-Komplexe. Bei den sehr häufigen Ion-Dipol-Komplexen werden die neg. geladenen „Enden“ der starken Dipole Wasser od. Ammoniak von kleinen, hochgeladenen Metall-Ionen elektrostat. angezogen. Bei diesen Normalkomplexen sind alle Liganden eines Mol. meist gleichartig; sie sind untereinander leicht austauschfähig. Bei Aquakomplexen im Lsgm. Wasser ließen sich ein Austausch mit dem Lsgm. u. auch Hydratisomerie nachweisen. Deshalb sind die Anlagerungskomplexe oft so wenig beständig, daß sie bei der Auflsg. in Wasser zerfallen, so daß man meist die Zentral-Ionen mit einfachen Reagenzien nachweisen kann. Die Dipole od. Ionen, die sich gegenseitig abstoßen, ordnen sich möglichst symmetr. um das Zentral-Ion. Bei der Anzahl in erster Koordinationssphäre gebundener H2O-Mol. spricht man von Hydratations-Zahl.

Wesentlich beständiger als die Anlagerungskomplexe sind die Durchdringungskomplexe. Eine Dissoziation in ihre Einzelbestandteile findet bei der Auflsg. in Wasser kaum mehr statt u. man weist sie daher in der Analyt. Chemie als Ganzes nach.Da nach Molvol.-Messungen von W. Biltz die Ammoniak-Mol. in den Durchdringungskomplexen etwa 15% weniger Raum beanspruchen als in den Anlagerungskomplexen, hat man geschlossen, daß bei den Komplexen dieser Art die Liganden bis zu einem gewissen Grad in die Elektronensphäre des Zentralatoms eindringen (daher „Durchdringungskomplexe“) u. dem Zentralatom mit seinen Elektronenlücken in der Regel so viel von ihren eigenen Außenelektronen „leihen“, daß die gemeinsame äußere Elektronenhülle die stabile Edelgaskonfiguration erhält. In diesem Fall stammen also die Bindungselektronen nicht von zwei Atomen wie bei der Atombindung, sondern nur von einem Partner. Das Elektronen liefernde Atom wirkt als Elektronendonator (nucleophil), das Elektronen aufnehmende als Elektronenakzeptor (elektrophil). Solche – auch als semipolar, dativ od. dipolar bezeichneten – koordinativen Bindungen können diejenigen Liganden eingehen, die ein od. mehrere freie od. auch sog. einsame Elektronenpaare besitzen. Die Elektronenpaare gehören im Sinne von Lewis Zentralatom u. Liganden gleicherweise an; es erfolgt also kein einseitiger Elektronenübergang wie bei der heteropolaren Bindung. Die gemeinsamen Elektronenpaare bei der Bindung zwischen Zentralatom u. Liganden bewirken die Starrheit der Bindungen bei den Durchdringungskomplexen. Häufig gelingt das jedoch nicht vollständig, wenn z.B. die ungerade Gesamtelektronenzahl des Zentralatoms die Bldg. der stets geradzahligen Edelgasschale nicht zuläßt, hier erreicht der Komplex nicht ganz den Edelgaszustand, wodurch sich auch die geringere Stabilität dieses Ions erklärt. In den sog. Inneren Komplexsalzen liegt kovalente neben koordinativer Bindung vor.

Räumlicher Aufbau: Die KZ des Zentralatoms einerseits u. die Nucleophilie u. der Raumbedarf der Liganden andererseits bestimmen die Struktur der Komplexe. Im häufigsten Fall der KZ 6 befindet sich das Zentralatom in der Mitte eines regelmäßigen Oktaeders, u. an dessen 6 Eckpunkten sitzt je ein Ligand. Da die Liganden meist größer sind als das Zentralatom, so wird dieses prakt. völlig abgeschirmt. Neben der KZ 6 ist auch die KZ 4 häufig anzutreffen; in diesem Fall befindet sich das Zentralatom entweder im Zentrum eines Tetraeders, u. die Liganden sitzen an dessen 4 Eckpunkten od. das Zentralatom steht in der Mitte eines von den Liganden gebildeten Quadrats. Die räumliche Anordnung der Liganden in Form eines hochsymmetr. Körpers gestattet die beste Raumausfüllung u. ist mit geringster gegenseitiger Abstoßung verbunden.

Aufgrund ihrer bes. Bindungsverhältnisse verfügen die KV über mehr Isomerie-Möglichkeiten als andere Verb.-Klassen. Die Koordinationsisomerie als eine bes. Form der Konstitutionsisomerie (Strukturisomerie) ist dadurch gekennzeichnet, daß in Salzen, die aus zwei od. mehr Komplex-Ionen bestehen, die Zentralatome od. einzelne Liganden gegeneinander vertauscht sind (Austauschreaktion). Zur Beschreibung der Stereoisomerie von KV stehen die Vorsilben cis-, fac- u. mer- zur Verfügung.

Zur theoret. Beschreibung von KV werden v.a. die Ligandenfeldtheorie u. die MO-Theorie herangezogen.

Nomenklatur: Die Benennung der KV erfolgt nach IUPAC-Regeln 7.1.–7.89 der Anorg. Chemie u. Regeln D-2.0–2.83 der Org. Chemie.

In den Formeln von Komplexen soll das Symbol des Zentralatoms zuerst geschrieben werden, anschließend werden aus der ersten Koordinationssphäre zuerst die anion., dann die neutralen u. kation. Liganden aufgeführt. Die Formel des gesamten Komplexes wird in eckige Klammern gesetzt u. alphabet. nach Elementsymbolen sortiert. Bei Komplexsalzen gehen die Symbole der in der zweiten Koordinationssphäre gebundenen Kationen dem Klammerausdruck voraus u. die der Anionen folgen ihm. In den Namen von KV wird das Zentralatom am Schluß genannt hinter den – ohne Berücksichtigung ihrer Anzahl – in alphabet. Reihenfolge aufgeführten Liganden.

Verw. von Koordinationsverb.: In neuerer Zeit sind v.a. Komplexe mit org. Liganden auf großes Interesse gestoßen. Viele Spurenelemente sind im Körper als KV an Proteine, andere an einfachere Ringsyst. gebunden. Der Blutfarbstoff Hämoglobin ist der bekannteste Komplex, doch ist hier auch an Chlorophyll u. viele spezif. wirkende Enzyme mit Metall-haltigen prosthet. Gruppen zu denken. Die starke Bindung von Komplexen an Schwermetalle wird nicht nur zur Komplexometrie, sondern auch bei Vergiftungen zur Dekorporierung ausgenutzt, u. in der Krebstherapie sind erste Erfolge mit Metallkomplexen errungen worden. Antibiotika wie Valinomycin bilden stabile Komplexe mit Kalium-Ionen, die sie durch Zellmembranen schleusen. Daraus entwickelte sich die Erforschung der Ionophore, Kronenverbindungen, Kryptate u. mancher Einschlußverbindungen.

Chiralität

Aus griech.: cheir = Hand abgeleitete, von Lord Kelvin bereits 1904 geprägte Bez. für die Eigenschaft eines Objektes, sich von seinem Spiegelbild zu unterscheiden.

Die Beziehungen:

•  Symmetrie,

•  Vorhandensein von Drehspiegelachse (Dsp.-A.)

•  Symmetrieachse (S.-A.),

•  Chiralität

•  optische Aktivität bei Molekülen

Die C. ist eine Molekül-, keine Atom- od. Gruppeneigenschaft, obwohl gelegentlich von chiralen Gruppen gesprochen wird.

Man unterscheidet zwischen

•  zentraler C. (Mol. mit Chiralitätszentrum),

•  axialer C. (Mol. mit Chiralitätsachse),

•  planarer C. (Mol. mit Chiralitätsebene)

•  Helicität (Mol. mit Schraubenwindungen).

Alle asymmetr. u. dissymmetr. Mol. sind notwendigerweise chiral u. die aus ihnen gebildeten Verb. opt. aktiv. Achiral sind demnach symmetr. Figuren mit zueinander spiegelbildlich gleichen Teilen; hier sind auch zusammengesetzte Symmetrieoperationen durchführbar. Von den 32 Kristallklassen gehört C1 zur ersten chiralen Gruppe, die Cn- u. Dn-Klassen sowie O u. T gehören zur 2. chiralen Gruppe; achiral sind alle übrigen 21 Klassen. Auch die Nomenklatur der Stereochemie bedient sich zur Kennzeichnung absoluter Konfigurationen des Begriffs der C.. Anstelle von D- u. L- werden hier die Symbole (R)- (von lat.: rectus = rechts) u. (S)- (von lat.: sinister = links) verwendet. Bei der Zuordnung werden die vier Substituenten am asymmetrischen Atom (Chiralitätszentrum) so geordnet, daß eine Prioritätsfolge eintritt: Substituenten mit Heteroatom haben Vorrang gegenüber solchen mit C-Resten, u. innerhalb der C-Reste haben die größeren Vorrang vor den kleineren. Sind die Reste gleich groß, so hat derjenige Rest Vorrang, bei dem die Substitution od. Verzweigung näher beim asymmetr. C-Atom liegt. Die Sequenzregel sieht folgende, ausschnittsweise u. mit zunehmender Priorität wiedergegebene Substituenten-Reihenfolge vor:

•  Wasserstoff (1),

•  Methyl (2),

•  Ethyl (3),

•  Benzyl (13),

•  Cyclohexyl (17),

•  tert.-Butyl (19),

•  Phenyl (22),

•  Acetyl (36),

•  Amino (43),

•  Diethylamino (52),

•  Hydroxy (57),

•  Methoxy (58),

•  Acetoxy (64),

•  Chlor (74),

•  Brom (75),

•  Iod (76).

C. tritt naturgemäß nicht nur bei Kohlenstoff-, sondern auch bei Stickstoff-, Phosphor-, Metall-organischen Verb. u. selbst bei anorg. Verb. auf.

Hämoglobin

(Kurzz.: Hb). Hb ist der rote Blutfarbstoff der Wirbeltiere, der in den Erythrocyten (roten Blutkörperchen) des Blutes enthalten ist u. 95% von deren Trockenmasse ausmacht. Er wird während der Erythropoese genannten Entstehung dieser Zellen in den Blutbldg.-Zentren des Körpers (beim erwachsenen Menschen im Knochenmark) synthetisiert. Der Hb-Gehalt der Erythrocyten ist im erwachsenen Organismus eine Konstante, die auch im Tierreich weitgehend gültig ist: ca. 31 pg pro Zelle. Die auf das Blut-Vol. bezogene Menge an Hb beträgt bei erwachsenen Frauen ca. 140 g/l Vollblut gegenüber etwa 160 g/l beim Mann. Demnach stehen dem Körper bei 5–6 l Blut ca. 700–900 g Hb zur Verfügung. Da Hb 0,334% Eisen enthält, sind ca. 3 g od. 70% des Gesamtkörper-Eisens darin gebunden.

Struktur: Chem. ist Hb ein tetrameres Eisenprotein, dessen Monomere aus je einer Globin-Kette mit einem Mol. Häm als prosthetischer Gruppe bestehen. Untereinander sind die 4 Monomeren durch Nebenvalenzkräfte verbunden u. bilden ein globuläres Makromol. vom MG. 64500 mit einem Durchmesser von ca. 5–6 nm. Die 4 Häm-Einheiten liegen in „Taschen“ nahe der Oberfläche des Mol. Je zwei Globin-Untereinheiten eines Tetrameren sind einander gleich. Diese Hb (des Embryos) besitzen erhöhte Sauerstoff-Affinität, so daß Sauerstoff aus dem mütterlichen Blut in den embryonalen bzw. fötalen Kreislauf abgegeben wird. Neben diesen Normal-Hb kennt man heute über 150 abnorme Hb, die durch Mutationen entstanden sind u. ggf. zu schweren Anämien führen wie Sichelzellenanämie, bei der der Austausch nur eines Aminosäure-Restes in der b-Kette zur Schwerlöslichkeit des Hb führt . Bei Thalassämie ist die Biosynth. der a- od. b-Ketten gestört. Daß eine relativ große Varianz in der Globin-Struktur eines funktionierenden Hb im Prinzip möglich ist, zeigen die Unters. der Hb verschiedener Tier-Arten, unter denen die Aminosäure-Sequenzen z.T. nur noch in wenigen Pos. übereinstimmen. Aus den Daten der Sequenzanalyse ergibt sich ferner eine abnehmende Kongruenz (Homologie) mit abnehmender phylogenetischer Verwandtschaft. Einander nahestehende Arten zeigen keine sequenziellen Verschiedenheiten ihrer Hb, so z.B. Mensch, Schimpanse u. Gorilla.

Vork.: Hb kommt außer in Wirbeltieren auch in anderen Organismen vor, wenn auch nicht immer an Erythrocyten gebunden, so z.B. in Insekten u. in den Wurzelknöllchen Stickstoff-bindender Schmetterlingsblütler; es wurden jedoch auch Hb-Gene in nicht-knöllchenbildenden Pflanzen gefunden . Das dem Hb sehr ähnliche Erythrocruorin (früher Insekten-Hämoglobin genannt) kommt bei Schnecken u. Würmern sowie in manchen Insektenlarven als hochmol. extrazelluläres, d.h. frei in der Blut-Flüssigkeit befindliches Atmungspigment vor, bei Seewalzen, Borstenwürmern, Muscheln, primitiven Wirbeltieren aber auch relativ niedermol., wie Myoglobin monomer u. zellgebunden.

Nachw.: Der Nachw. von Hb erfolgt durch den Teichmann-Test, bei dem man Blut vorsichtig mit Kochsalz u. Eisessig erwärmt, wobei sich Hämin abscheidet, od. photometrisch nach Überführung in Methämoglobin-Cyanid. Im Gegensatz zum Globin ist Häm eine sehr stabile Verb.: man konnte z.B. mit dem Teichmann-Test aus mehrere hundert Jahre altem Blut Hämin-Krist. gewinnen. Allerdings gelang dies bei Mumien- u. Mammut-Blut nicht mehr. Zum Nachw. des Hb-Eisens muß ein Hb-Präp. erst völlig verascht u. mit Säure aufgenommen werden.

Biol. Funktion: Die Aufgabe des Hb besteht in der Aufnahme des eingeatmeten Sauerstoffs in der Lunge u. dessen Transport zu den Muskeln (wo das Myoglobin den Weitertransport übernimmt) u. zu anderen atmenden Geweben. Außerdem wird ein großer Teil (ca. 60%) des Kohlendioxids, das als Stoffwechsel-Endprod. im peripheren Gewebe entsteht, durch Bindung an das Hb des Blutes zur Lunge geführt u. dort ausgeschieden. Das Kohlendioxid reagiert dabei mit den terminalen Amino-Gruppen der Globin-Ketten zum Carbamat. Die Bindung des Sauerstoffs findet an einer der Koordinations-Stellen des Eisens statt, die über bzw. unter der Ebene des Häm-Mol. liegen. Das Tetramer kann insgesamt 4 Sauerstoff-Mol. binden. Die Aufnahme eines Mol. Sauerstoff in den Verband eines Hb-Mol. bewirkt eine Konformations-Änderung des Makromol., die sich durch Kontakt-Wechselwirkungen von einer Untereinheit auf die andere fortpflanzt, so daß sich die folgenden Sauerstoff-Mol. leichter mit dem betreffenden Hb-Mol. verbinden können. Dieser Effekt wird als Kooperativität bezeichnet. Nach einer auf Monod zurückgehenden u. von Perutz weiterentwickelten Theorie liegt das Hb-Mol. je nach Sauerstoff-Beladung entweder in einer gespannten (T-Struktur von engl.: tense) od. entspannten (R-Struktur von engl.: relaxed) Form vor . So maß Perutz, der diesen Effekt bei röntgenstrukturanalytischen Unters. entdeckte, eine Abstands-Änderung von 700 pm zwischen den beiden Eisen-Ionen der den b-Globin-Ketten zugeordneten Häm-Mol. Aufgrund neuerer kinetischer Messungen ist jedoch ein zusätzlicher Zwischenzustand postuliert worden ; in anderen Arbeiten wurde ein ungewöhnlich geringes Vork. der Hb-Spezies mit 3 gebundenen Liganden-Mol. festgestellt . Bei der Sauerstoff-Aufnahme wechselt die Farbe des Blutes von Purpurrot (venöses Blut) zu hellem Scharlachrot (arterielles Blut). Das mit Sauerstoff beladene Hb wird als Oxyhämoglobin bezeichnet. Die theoretische Gesamt-Bindungskapazität des Hb für Sauerstoff in den 5–6 l Blut des Erwachsenen, die jedoch im allg. nur zu 25% ausgenutzt wird, liegt bei 1100–1400 ml; in der gleichen Menge Wasser lösen sich (bei 20°) dagegen nur 150–180 ml Sauerstoff. Das Eisen im Oxyhämoglobin bleibt bei der koordinativen Bindung des Sauerstoffs unverändert in der Oxid.-Stufe 2. Dies steht im Gegensatz zu den Verhältnissen im freien Häm, das durch Sauerstoff leicht oxidiert wird, u. ist als spezifischer Effekt des Globins anzusehen . Das im Plasma vorhandene Haptoglobin kann durch spezifische Bindung an Oxyhämoglobin dieses aus dem Kreislauf entfernen; man sieht deshalb Haptoglobin als eine Art Antikörper gegegen Oxy-Hb an. Die Sauerstoff-Reserven des Menschen sind nicht groß; nach erfolgtem Herzstillstand (z.B. bei Unfall) enthält die Lunge noch Sauerstoff für 100 Sek., das Blut für 140 Sek., u. das Gehirn bleibt noch weitere 180 Sek. ohne Blutzirkulation funktionsfähig, ehe es irreversible Schädigungen erleidet.

Blutgifte: Wird mit dem Luftsauerstoff Kohlenoxid (CO) eingeatmet, so verbindet sich dieses ähnlich wie das Sauerstoff-Mol. reversibel mit Hb; da jedoch die Affinität des Kohlenoxids zu Hb 325mal größer ist als die des Sauerstoffs (beim freien Häm ist dieses Verhältnis jedoch noch ungünstiger ), so wird dieser schon bei niederen Kohlenoxid-Konz. allmählich verdrängt, u. es tritt Erstickung der Gewebe infolge Sauerstoff-Mangels ein. Einatmung von Kohlenoxid-haltiger Luft kann – ähnlich wie Alkoholgenuß – Fahruntüchtigkeit bewirken. Die Behandlung der Kohlenoxid-Vergiftung besteht in einer längeren künstlichen Atmung in frischer Luft od. am besten in reinem Sauerstoff; hierbei wird das Kohlenoxid allmählich wieder durch Sauerstoff verdrängt, u. zwar um so schneller, je höher der Partialdruck des Sauerstoffs ist. Bei der Einnahme von Nitrit kann sich als Zers.-Prod. des Nitrits Stickstoffoxid (NO) bilden, das mit Hb das für den Sauerstoff-Transport ungeeignete Stickstoffoxidhämoglobin (Hb-NO) ergibt; außerdem bewirkt Nitrit Oxid. zu Methämoglobin u. einen starken Blutdruck-Abfall. Dagegen beruht die Toxizität der Blausäure nicht auf einer Reaktion mit Hb, sondern auf einer Blockierung der Cytochromoxidase innerhalb der Atmungskette. Unabhängig von der Wirkungsweise – ob durch Methämoglobin-Bldg., Blockierung akt. Stellen od. durch Hämolyse – bezeichnet man Kohlenoxid, Stickstoffoxid, aromatische Amine, Nitrite, Chlorate u.a. tox. Stoffe als Blutgifte u. Hämotoxine.

Abbau u. Neusynth.: Da ein Erythrocyt im Durchschnitt 120 Tage alt wird u. der Blutkreislauf des Erwachsenen 25–30 Billionen der roten Blutkörperchen enthält, sind Tag für Tag Mrd. von Erythrocyten in Neubldg. u. Abbau begriffen. Das aus den zerfallenden Erythrocyten ausgetretene Hb wird in den Zellen des retikulo-endothelialen Syst. abgebaut. Dabei entsteht unter oxidativer Aufspaltung des Porphyrin-Ringes im Häm-Mol. der Gallenfarbstoff Bilirubin; durch weiteren Abbau bilden sich die Fäkalpigmente. Die bei Gewebs-Blutungen durch Hb-Zerfall entstehenden, im Gewebe eingebetteten roten Farbstoff-Körnchen wurden früher, bevor man ihre Identität mit Bilirubin erkannt hatte, als Hämatoidin bezeichnet. Das freigesetzte Eisen wird zum geringeren Teil aus dem Körper ausgeschieden (ca. 7 mg/24 Std.), zum größeren Teil jedoch wird es – ergänzt durch Eisen aus der täglichen Nahrung – über die Milz erneut in den Kreislauf zurückgebracht. Die Menge des während der Hämatopoese im Knochenmark des Erwachsenen neugebildeten Hb liegt bei normalem Eisen-Stoffwechsel zwischen 3 u. 6 g pro Tag. Die Biosynth. des Häm geht von 5-Amino-4-oxovaleriansäure aus u. führt über Porphobilinogen u. Uroporphyrinogen III in mehreren Schritten schließlich zu Protoporphyrin.

Geschichtl.: Die heute als Teichmann-Test bezeichnete Spaltung des Hb in Globin u. den rotgefärbten Rest (Hämin) führte Teichmann (1823–1895, Professor für Anatomie, Krakau) bereits 1853 durch. Die erste Reinherst. von Hb aus Blut gelang Hoppe-Seyler 1862. Von Häm bzw. verwandten Verb. wurde 1912 von Küster die Struktur-Formel aufgestellt. 1925 gelang es Adair, die Sauerstoff-Bindung des Hb durch ein kooperatives Modell zu erklären . Hans Fischer konnte die Verwandtschaft von Hämin u. Chlorophyll durch Abbau zu Etioporphyrin zeigen u. 1928 u.a. Hämin synthetisieren; diese Arbeit wurde aufgrund ihrer allg. Bedeutung 1930 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Braunitzer u. Mitarbeiter ermittelten 1961 die Aminosäure-Sequenz der Polypeptid-Ketten des Globins, u. Pauling u. Mitarbeiter fanden 1960, daß zwischen Hb vom Menschen, Gorilla u. Schimpansen keine Unterschiede bestehen. Perutz u. Mitarbeiter ermittelten durch Röntgenstrukturanalyse die Raumstruktur des Hb, u. Perutz erhielt für diese Arbeiten 1962 den Nobelpreis für Chemie zus. mit Kendrew, der ähnliche Unters. über das eng verwandte Myoglobin ausführte.

Chlorophyll

(Von griech. chloros = gelbgrün und Phyllon = Blatt). Von Pelletier u. Caventou geprägter Name für das Blattpigment der Höheren Pflanzen und Grünalgen, das diesen die grüne Farbe verleiht u. die Photosynth. ermöglicht. In den Pflanzen findet sich das C. in den Chloroplasten, u. zwar derart, daß in den Membranen der hydrophile „Kopf“ des C.-Mol., der vom Porphyrin-Gerüst mit dem zentralen Mg-Atom gebildet wird, den Protein-Schichten und der lipophile „Schwanz“ mit dem Phytol-Rest den Phospholipid-Schichten zugekehrt ist. Das C. der Höheren Pflanzen u. Grünalgen ist kein einheitlicher Stoff, sondern ein Gemisch der C. a u. b, die durch Chromatographie voneinander getrennt werden können. C. a ist blaugrün, C. b gelbgrün gefärbt. C. a findet sich im Blattgrün etwa dreimal häufiger als b, das ein Oxidationsprodukt von a darstellt. Daneben hat man aus Meeres-Algen noch die C. c und d isolieren können.

Chlorophyll a, bildet blauschwarze, wachsartige Nadeln, Schmp. 117–120°, in Alkohol mit tiefroter Fluoreszenz lösl., in organ. Lsgm. sehr leicht lösl., kann aus der Blaugrünen Alge Anacystis nidulans in reiner Form gewonnen werden ;

Chlorophyll b, kristallisiert in dunkelgrünen Plättchen, Schmp. 120–130°, von ähnlicher Löslichkeit wie C. a. Es wird vorwiegend von Algen zur Photosynthese benötigt .

Chlorophyll c1, rot-schwarze, hexagonale Krist., strenggenommen ein Chlorophyllid, da der Phytyl-Rest fehlt, C. c2 ist das Dihydro-Derivat;

Chlorophyll d, blauschwarze Krist., ist Chlorophyll a mit einer 9-Formyl- anstelle der Vinyl-Gruppe. Das vollkommen substituentenfreie Ringsystem mit den 4 Pyrrol-Ringen, von denen einer an C-7 u. C-8 hydriert ist, wird Chlorin genannt.

Biosynthese: Markierungsversuche mit radioaktiven Isotopen zeigten, daß in Pflanzen aus Essigsäure u. Glycin über d-Aminolävulinsäure u. Porphobilinogen Protoporphyrine u. verwandte Verb. aufgebaut u. durch Mg-Einlagerung, Transmethylierung u. Cyclopentan-Ringschluß in das wasserlösl. Chlorophyllid a übergeführt werden. Bei dessen Veresterung mit Phytol ist das Enzym Chlorophyllase beteiligt ; statt des Phytyl-Restes enthalten die Bakteriochlorophylle c und d aus grünen Schwefel-Bakterien den Farnesyl-Rest.

Die meisten Höheren Pflanzen benötigen zur C.-Bildung Licht (sonst Vergilbung), doch können viele Algen u. Kryptogamen auch in völliger Dunkelheit C. bilden. Die in gemäßigten Klimazonen zu beobachtende herbstliche Laubfärbung wird durch den Abbau des C. in den Blättern bewirkt, wodurch die normalerweise neben dem C. vorliegenden anderen Blattfarbstoffe, z.B. die Carotinoide farblich die Dominanz gewinnen (das enthaltene Magnesium wird größtenteils von den Pflanzen resorbiert). Auch auf chem. Weg lassen sich die Mg-Zentralatome aus den Chlorophyllen u. Chlorophylliden entfernen, wobei die Phäophytine u. Phäophorbide entstehen.

Verw.: Seit 1926 (E. Bürgis) werden dem C. förderliche Wirkungen auf Blut- u. Gewebebildung nachgesagt. Über eine etwaige desodorierende Wirkung, die vielen C.-Präparaten zugeschrieben wurde, herrschen widersprüchliche Ansichten . In der Lebensmittel-, Kosmetik- u. Kerzenindustrie wird C. als Farbstoff eingesetzt, häufig auch in Form der Chlorophylline.

Geschichtl.: Die Verwandtschaft zum Blutfarbstoff Hämoglobin ist schon seit 1851 bekannt. Systemat. Untersuchungen zur Konstitutionsaufklärung u. Synth. wurden von Willstätter u. Hans Fischer seit 1906 vorgenommen. Die Totalsynthese gelang 1960 Woodward .

Kondensation

(von lat.: condensare = verdichten).

•  In der Physik. Chemie bedeutet K. die Umwandlung von Dämpfen od. Gasen in Flüssigkeiten od. feste Stoffe durch Abkühlung, evtl. mit gleichzeitiger Kompression. Bei Einstoffsyst. tritt die K. am sog. K.-Punkt ein, der mit dem Siedepunkt bzw. dem Subl.-Punkt der betreffenden Substanz identisch ist. Dem K.-Punkt entspricht in Mehrstoffsyst. der sog. Taupunkt. Die K. ist ein der Verdampfung (Destillation) bzw. der Subl. entgegengesetzter Vorgang. Die K. wird erleichtert durch die Anwesenheit von Staubteilchen u. Ionen, die als K.-Kerne (K.-Keime, wenn diese aus der kondensierten Substanz bestehen) wirken u. evtl. K.-Verzug verhindern. Um diese Keime verdichten sich die Dämpfe bei genügender Konz. od. Abkühlung in Form kleiner Tropfen (Kondensat). Die K.-Vorgänge, bei denen sog. Mikrocluster involviert sind, lassen sich im Computer simulieren. Die bei der K. freiwerdende Wärme (K.-Wärme od. Erstarrungswärme = Umwandlungswärmen) entspricht ihrem Betrage nach der Verdampfungs- od. Subl.-Wärme.

•  In der Chemie versteht man unter K. eine häufig unter katalyt. Einfluß verlaufende chem. Reaktion, bei der sich mindestens 2 Mol. unter Austritt eines einfachen Mol. zu einem größeren Mol. vereinigen. Bei der inneren K. findet die K. innerhalb desselben Mol., bei der Selbst-K. dagegen zwischen verschiedenen Mol. des gleichen Stoffes statt. Bei der Heterokondensation reagieren Mol. verschiedener Stoffe miteinander; bei der sog. Drei-Kohlenstoff-K. reagieren 2 Mol. CH-acider Verb. mit einem Mol. Aldehyd. K.-Vorgänge (Polykondensation) spielen v.a. bei der Herst. von Kunststoffen u. Kunstharzen (Polyamide, Polyester) eine Rolle. Von K. spricht man in der anorg. Chemie bei der Bldg. höherer Kieselsäuren u. kondensierter Phosphate, in der org. Chemie häufig auch von der „Ankondensierung“ od. Anellierung von Ringen.

Hybridisierung

(von lat.: hybrida = Mischling).

•  In der Chemie ist H. ein von Pauling eingeführter Begriff. Hierunter versteht man eine Linearkombination von Atomorbitalen (AOs) am gleichen Atom. Es entstehen sog. Hybridorbitale, d.h. orthogonale, gerichtete AOs. Z.B. lassen sich aus einem 2s-Orbital u. drei 2p-Orbitalen vier äquivalente zueinander orthogonale sp3-Hybridorbitale konstruieren, die nach den Ecken eines Tetraeders gerichtet sind (Tetraederwinkel: 109,47°). In analoger Weise werden ein 2s- u. ein 2p-Orbital zu zwei digonalen sp-Hybridorbitalen kombiniert, die miteinander einen Winkel von 180° bilden. Hybridorbitale lassen sich auch unter Beteiligung von d-Orbitalen bilden. Bei der H. handelt es sich um keinen physik. Effekt; sie ist vielmehr lediglich ein Hilfsmittel in der theoretischen Beschreibung der Elektronenstruktur eines Mol. Sie wurde von Pauling im Rahmen der VB-Theorie eingeführt. Zur Beschreibung der 4 äquivalenten CH-Bindungen im CH4-Mol. verwendet man z.B. 4 Singulett-gekoppelte Zweielektronen-Funktionen, aufgebaut aus jeweils einem am C-Kern lokalisierten sp3-Hybridorbital u. einem an einem der 4 Protonen lokalisierten 1s-Orbital. Einen festen Platz im Begriffsrepertoire des Chemikers hat die H. v.a. bei qual. Anw. der VB-Theorie.

•  In der Molekularbiologie versteht man unter H. die Vereinigung zweier komplementärer Nucleinsäure-Stränge zu einem Doppelstrang; durch H. prüft man, ob – bei synthetisierten Polynucleotiden – die Basenfolge korrekt ist.

•  In der Biologie bedeutet H. die Verschmelzung (Kreuzung) der Erbanlagen (Chromosomen) zweier Organismen zwecks Züchtung von Erbfolgern (Hybride, Bastarde) mit erwünschten Eigenschaften.

Stereochemie

(von griech.: stereos = starr, hart, fest). Bez. für dasjenige Teilgebiet der Chemie, das sich mit dem räumlichen, d.h. dreidimensionalen Aufbau der Mol., den Abständen der Atome u. Atomgruppierungen u. den Bindungswinkeln befaßt. Ihren Ausgangspunkt nahm die moderne S. im Jahre 1874 in den Überlegungen van't Hoffs u. Le Bels über die Tetraedergestalt des vierwertigen Kohlenstoffs. Inzwischen hat sich die S., deren Stellenwert innerhalb der Org. Chemie durch die Nobelpreisehrungen 1969 (Barton, Hassel) u. 1975 (Cornforth, Prelog) beleuchtet wird, zu einem Arbeitsgebiet mit eigener Nomenklatur (IUPAC-Regeln, Sektion E) entwickelt, u. auch anorg. Komplexe sind der räumlichen Beschreibung zugänglich.

Zur Kennzeichnung bes. ster. Anordnungen bedient sich die S. der folgenden, in Einzelstichwörtern ausführlicher behandelten Präfixe u. Zeichen:

cis- u. trans -,

exo... u. endo...,

fac- u. mer-,

Z- u. E-

(früher auch syn-, anti- u. amphi-),

für Konfigurationen:

(R)- u. (S)-,

ent- u. rac-,.

Zur Kennzeichnung der ster. Anordnung in monocycl. Verb. mit mehr als 2 Substituenten wählt man einen von ihnen als Referenz u. bezieht die anderen als cis- u./od. trans-ständig (Vorzeichen: c- bzw. t-) darauf.

Eine chemische Zeichensprache hat sich entwickelt, die den bes. Bedürfnissen der S. Rechnung trägt u. den dreidimensionalen Aufbau von Mol. selbst bei zweidimensionaler Zeichnungsdarst. erkennen lassen kann. Bes. deutlich lassen sich Konformationen od. Konfigurationen in Projektionsformeln, wie sie von Emil Fischer, Newman u. Haworth entwickelt wurden, erkennen. Verschiedentlich bezeichnet man zweidimensionale Formelbilder, die die räumlichen Mol.-Verhältnisse deutlich machen, auch als Strukturformeln u. setzt diese in Gegensatz zu den Konstitutionsformeln, die die ster. Gegebenheiten nicht widerspiegeln.

cis-trans-Isomerie

Sammelbez. für eine bes. bei cycl., auch Metall-organischen Verb. u. bei ungesätt. Verb. auftretende Form der Stereoisomerie. Hier soll nur die Stereoisomerie an Alkenen betrachtet werden, für die früher die Bez. Ethylen od. Alloisomerie später cis-trans-I. üblich war. Da bei Alkenen die freie Drehbarkeit um die Doppelbindung aufgehoben ist, beobachtet man bei diesen zwei Stereoisomere, die nach den Sequenzregeln von Cahn, Ingold u. Prelog als (E)- u. (Z)- Isomeres bezeichnet werden (die Bez. cis-trans-Isomerie sollte für diese Isomerie nicht mehr verwendet werden). Nach den CIP-Regeln sind die Substituenten nach absteigender Priorität angeordnet; das (Z)-Isomer besitzt beide Substituenten höherer Priorität auf der gleichen Seite der Doppelbindung. Die Umwandlung der energiereicheren (Z)-Isomere in die (E)-Isomere gelingt häufig auf photolytischem Wege, wobei ein p-Elektron durch photochemische Anregung vorübergehend ein antibindendes Molekülorbital besetzt.

Stöchiometrie

(von griech.: stoicheia = Buchstabe, Grundstoff, Element im Sinne von Aristoteles, u. metron = Maß). Bez. für das Arbeitsgebiet der Chemie, das sich mit der Aufstellung der chem. Bruttoformeln aufgrund von Analysenergebnissen u. der mathemat. Berechnung chem. Umsetzungen, d.h. mit der mengenmäßigen Beschreibung chem. Reaktionen befaßt. Erst bei Kenntnis der S. einer Reaktion kann man deren Ausbeute berechnen.

Die stöchiometrischen Gesetze sind:

Das Gesetz der konstanten Proportionen,

das der multiplen Proportionen,

das der äquivalenten Proportionen,

welches zum Ausdruck bringt, daß sich Elemente stets im Verhältnis ihrer Äquivalentgew. od. ganzzahliger Vielfacher derselben zu chemischen Verbindungen (Gegensatz: Gemische) vereinigen.

Man unterscheidet zwischen stöchiometr. Verb. u. nichtstöchiometrischen Verbindungen, doch sind Übergänge möglich. In der Kinetik u. bei der Diskussion von Reaktionsmechanismen verwendet man den Begriff stöchiometrischer Faktor; stöchiometrischer Punkt ist ein Synonym für den Äquivalenzpunkt. Bisweilen werden aus mathemat. Berechnungen von Dichten, Wärmekapazitäten, Volumina, Schmelzpunkten, Oberflächenspannungen usw. – z.B. innerhalb homologer Reihen – als Aufgaben der S. angesehen. Als Begründer der S. gilt J. B. Richter, der 1792–1793 das Werk „Anfangsgründe der Stöchyometrie od. Meßkunst chymischer Elemente“ veröffentlichte.

 

 

 

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